In der heutigen Kunstwelt sind Begriffe wie „Realismus“ und „Hyperrealismus“ allgegenwärtig. Beide Stilrichtungen begeistern durch eine verblüffend detailgetreue Darstellung von Menschen, Objekten oder Landschaften. Doch worin liegt eigentlich der Unterschied – und warum faszinieren uns diese Kunstformen so sehr?
Was ist Realismus?
Realismus ist nicht nur ein Begriff in praktischer Kunst, sondern beschreibt auch eine Epoche in der Kunstgeschichte. Im 19. Jahrhundert entstand ein Kunststil, der direkt gegen das Konzept der Romantik ankämpfte. Wo Werke der Romantik oft idealisierte Bilder der Welt darstellten, waren Werke im Realismus ein harter Ausschnitt des Alltags und den Krisen der Zeit, ohne Filter. Aus dieser Vorgeschichte kann man sich auch ableiten, was Realismus als Malstil bedeutet: Und zwar ein Weg, die Wirklichkeit darzustellen.
In der Malerei bedeutet Realismus: korrekte Proportionen, naturgetreue Lichtverhältnisse, ehrliche Darstellungen. Die Bildsprache ist klar, emotionslos und objektiv. Berühmte Vertreter sind Gustave Courbet, Jean-François Millet oder Adolph Menzel.

Gustave Courbet, Le Desespere, 1843
Was ist Hyperrealismus?
Der Hyperrealismus ist eine Weiterentwicklung des Fotorealismus und entstand in den späten 1960er-Jahren. Im Zentrum steht hier nicht nur die naturgetreue Abbildung – sondern deren Übersteigerung: Jedes Detail, jede Pore, jede Lichtreflexion wird mit akribischer Präzision dargestellt. Oft wirkt ein hyperrealistisches Gemälde realistischer als ein Foto.
Typisch für den Hyperrealismus ist die Verwendung von Fotovorlagen. Künstler analysieren diese minutiös, erweitern sie durch eigene Beobachtungen und reproduzieren sie in stundenlanger Arbeit mit Pinsel oder Bleistift. Bekannte Namen dieser Richtung sind Chuck Close, Audrey Flack oder Gottfried Helnwein.

Audrey Flack, Bhudda, 1975
Realismus vs. Hyperrealismus im Vergleich
Aspekt |
Realismus |
Hyperrealismus |
Ziel | Darstellung der Wirklichkeit | Übersteigerte, oft fotographische Realität |
Technik | Naturstudium, Beobachtung | Detaillierte Arbeit, auf Fotos basierend |
Wirkung | Lebendig, glaubwürdig | Überwältigend, fast surreal |
Themen | Alltag, Gesellschaft, Landschaft | Portraits, Objekte, Oberflächen |
Warum faszinieren uns realistische Darstellungen?
In einer Welt voller digitaler Bilder und Filter schafft realistische Kunst etwas Einzigartiges: Sie verlangsamt den Blick. Statt schnell zu scrollen, werden wir gezwungen, genauer hinzusehen. Die enorme technische Meisterschaft beeindruckt – aber auch der stille Moment, den die Werke ausstrahlen. Realismus ist ein Gegengewicht zum Überangebot an flüchtigen Bildern.
Realistische Ausbildung an der Academy of Fine Art Germany
Die Academy of Fine Art Germany ist eine der wenigen Schulen in Europa, die das klassische Kunsthandwerk des realistischen Zeichnens und Malens systematisch lehrt. Hier werden Techniken vermittelt, wie man sie an den großen europäischen Akademien des 19. Jahrhunderts erlernte.
Besonders eindrucksvoll zeigt sich dies in der Arbeit unseres Dozenten Michael Weiss. Ein hyperrealistischer Ansatz und ein akribischer Blick fürs Detail prägen den Stil des deutschen Künstlers. Michael arbeitet vielseitig und lässt sich dabei nicht auf ein einzelnes Thema festlegen – seine Werke zeigen sowohl technisches Können als auch ein tiefes Gespür für Licht, Oberfläche und Form.

Michael Weiss, Spinario, 2017
Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Realismus_(Kunst)
https://www.audreyflack.com/photorealism
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