Obwohl der Expressionismus mit einem Zeitraum von etwa 20 Jahren zu einer der kürzesten Epochen gehört, brachte er innerhalb der Kunst einen riesigen Umschwung: Anders als bei traditionellen Kunstrichtungen wie der akademischen Kunst, die strenge Regeln vorgab, ging es im Expressionismus darum, genau diese zu brechen und seine eigenen Gefühle und Erfahrungen ungehemmt in seinen Werken auszudrücken.
Mehr zu der Geschichte, der Entstehung und zu wichtigen Vertretern des Expressionismus in diesem Beitrag.
Was ist der Expressionismus?
Der Expressionismus war eine Kunstströmung der Moderne, die sich im frühen 19. Jahrhundert in Deutschland als eine Gegenbewegung zum Naturalismus und den bisherigen künstlerischen Traditionen entwickelte. Zeitlich erstreckte sich diese Epoche von 1905 bis 1925, wobei sie in Frühexpressionismus und Expressionismus gegliedert wird. Später verbreitete sich der Expressionismus auch international und inspirierte viele Künstler*innen, vor allem in den USA.
Vorreiter für den Expressionismus waren Künstler wie Vincent van Gogh und Edvard Munch, die dem Post-Impressionismus angehörten und den Stil des Expressionismus durch ihre Werke stark beeinflussten. Zu den berühmtesten Vertreter*innen zählen Künstler*innen wie Ernst Ludwig Kirchner, Wassily Kandinsky und Käthe Kollwitz.
Oskar Kokoschka: „Die Windsbraut“ (1913-14)
Fauvismus
Zur selben Zeit entstand auch eine ähnliche Bewegung unter dem Namen Fauvismus in Frankreich, welcher im Gegensatz zum Expressionismus kurzlebiger war und es nicht über die Landesgrenzen hinausschaffte. Auch war der Fauvismus mehr plakativ und verträumt und befasste sich nicht mit gesellschaftlichen Themen und Konflikten, was ein fundamentaler Teil von Expressionismus ist.
Geschichtliche Hintergründe
Die Zeiten zu Beginn des Expressionismus waren geprägt von der Hochindustrialisierung, politischen Spannungen und internationalen Konflikten. Immer mehr Menschen, darunter viele Künstler und Lyriker, zog es in die Großstädte, was zu Überfüllung und einer wachsenden Anonymität der Bürger*innen führte. Dadurch entstand unter dem Volk eine große Angst vor Moral- und Identitätsverlust.
Der erste Weltkrieg
Der erste Weltkrieg stand bevor. Diesem wurde entgegengefiebert und er wurde zunächst als etwas positives, eine Art reinigende Kraft, angesehen, mit der Hoffnung, danach von vorne anfangen und die gespaltene Gemeinschaft wieder zusammenbringen zu können. Viele der expressionistischen Künstler teilten dieses Gedankengut und beteiligten sich zahlreich am Krieg, unter anderem Namen wie Otto Dix und Ernst Ludwig Kirchner.
Nachkriegszeit
Zwar wollten sie zuvor die Nachkriegszeit als Zeit des Wandels und nicht der Trauer sehen, jedoch verarbeiteten sie genau diese in ihren Werken. In ihrer Kunst befassten sie sich mit dem Krieg und ihren Erfahrungen damit – teils aus erster Hand.
Darauf folgten die Goldenen Zwanziger, in denen kurzzeitig wieder hoffnungsvollere Werke geschaffen wurden.
Käthe Kollwitz: „Die Freiwilligen“ (1920-22)
Entartete Kunst
Als 1933 Hitler an die Macht kam, wurde jegliche Kunst, die nicht dem nationalsozialistischen Ideal entsprach, verboten und als entartete Kunst diffamiert. Neben Kunst von jüdischen oder kommunistischen Künstlern fiel darunter auch die expressionistische Kunst: Werke wurden beschlagnahmt und verbrannt oder ins Ausland verkauft, Künstler systematisch verfolgt, ins Exil geschickt oder gar ermordet.
Aus diesen Gründen werden unzählige Arbeiten aus dieser Zeit vermisst und stellen heute einen großen Verlust für die Gesellschaft und Museen dar. Neben Werken von Oskar Kokoschka und Ernst Ludwig Kirchner handelt es sich dabei sogar um Gemälde aus Picassos blauer Periode.
Stil des Expressionismus
Es gibt keinen klar definierbaren Stil im Expressionismus, viel mehr soll eine geistige Haltung vermittelt werden. Expressionisten lehnten die bisher etablierten konservativen Regeln der Kunst ab, brachen diese und äußerten sich klar sozialkritisch in ihren Werken und verzichteten auf alte Maltraditionen.
Kunst musste nicht mehr rein ästhetisch sein, sondern Gefühle abbilden und hervorrufen können. Sie waren der Meinung, Kunst sollte nicht geplant sein, sondern spontan aus einem Gefühl entstehen und dieses unverfälscht übermitteln.
Merkmale von Kunst im Expressionismus
Expressionistische Kunst distanziert sich bewusst von der Realität und spielt mit dieser durch forcierte Simultanität, verzerrten Perspektiven und einer fast gegenstandslosen Abstraktion und Reduzierung von Formen.
Es wurde erstmalig mit neuen Techniken experimentiert, frei mit Farbe und Form umgegangen und die persönliche Wahrnehmung durch eine Ausdrucksvolle Linienführung eingefangen.
Durch die geschichtlichen und gesellschaftlichen Umstände finden sich häufig Themen wie den Weltuntergang, Krieg, Angst, Tod, Krankheit und Städte als Motive im Expressionismus.
Ernst Ludwig Kirchner: „Potsdamer Platz“ (1914)
Expressionistische Künstlergruppen
Die Brücke
Eine der bedeutsamsten Künstlergruppen, die im Expressionismus entstanden ist war „Die Brücke“ im Jahr 1905. Diese wurde in Dresden von Ernst Ludwig Kirchner und anderen Künstlern gegründet und ist später nach Berlin umgezogen.
Ihr besonderer Stil zeichnet sich durch kontrastreiche, intensive Farben und die Verzerrung der Wirklichkeit aus, wobei sie bewusst auf Details verzichten. In den Werken, die unter dieser Gruppe entstanden sind, finden sich oft das Stadtleben, Zirkusse und sich bewegende Menschen als Motive.
Ernst Ludwig Kirchner: „Die Maler der Brücke“ (1925)
Der Blaue Reiter
Im Jahre 1912 ging aus der Neuen Künstlervereinigung München die heute bekannte Künstlergruppe „Der Blaue Reiter“ hervor, der berühmte Maler wie Kandinsky und Franz Marc angehörten.
Sie legten in ihren Arbeiten großen Wert auf spiritualistische und abstrakte Elemente und glaubten an die sich gegenseitige Beeinflussung von Farbe und Gefühl. Dadurch hatten sie eine neue Sichtweise auf die Kunst und setzten sich tief mit der menschlichen Existenz im Kontext ihrer Zeit auseinander.
Franz Marc: „Blaues Pferd I“ (1911)
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Quellen:
https://www.kunstplaza.de/kunstepochen/expressionismus-die-bruecke-der-blaue-reiter/
https://www.kunstkopie.de/a/expressionismus.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Expressionismus
https://www.planet-wissen.de/kultur/kunst/expressionismus/index.html
https://www.schreiben.net/artikel/expressionismus-4403/
https://www.dhm.de/lemo/kapitel/erster-weltkrieg/kunst-und-kultur
Celina Kari