Was ist Akademische Kunst und womit beschäftigten sich alte europäische Kunstakademien? Wie unterscheidet sich die Akademische Kunst von Realismus? Warum akademische Techniken auch heute noch Einfluss haben? Das und vieles mehr erfährst du in diesem Beitrag.
Was ist die Akademische Kunst?
Die Akademische Kunst ist ein Kunststil welcher vom 17. Bis zum 19. Jahrhundert von europäischen Kunstakademien geprägt wurde. Dazu zählen alle Werke wie Gemälde oder Skulpturen, die an diesen Akademien entstanden sind.
Dabei gab es klare Vorstellungen an die Künstler: Diese mussten strenge formale sowohl als auch technische Regeln einhalten und Farbe, Licht und Schatten perfekt beherrschen. Zu den bekanntesten Vertretern gehörten Künstler wie Jean-Léon Gérôme, William Adolphe Bouguereau oder Alexandre Cabanel.
Womit befassten sich Kunstakademien ursprünglich?
Die europäischen Kunstakademien sollten ein theoretisches und praktisches Fundament für Bildende Künste sein, die ihre Lehre auf einem wissenschaftlichem Niveau vermitteln.
Dafür gab es für jedes Sachgebiet eine andere zuständige Lehrkraft, anders als zuvor in den Werkstätten, bei denen es einen einzigen Meister gab. Die Künstler*innen lernten so die Perspektive, Proportion, Anatomie und Komposition perfekt zu meistern. Wie zuvor beschrieben, gab es hier sehr strenge Regeln und Vorstellungen gegenüber der Schüler*innen.

École des Beaux-Arts, spätes 19. Jahrhundert
Themen und Motive der Akademischen Kunst
In der Akademischen Kunst wurde sich ausschließlich mit literarischen, mythologischen und historischen Themen befasst. Oft fanden sich als Motive beispielsweise Frauen und Engel, die würdevoll posiert, idealisiert und makellos dargestellt wurden.
Akademische Kunst |
Realismus |
Beschönigte/idealisierte Darstellung | Akkurate/realistische Darstellung der Realität |
Polierte und perfekte Haut, keine Pinselstriche sichtbar | Zeigt Makel auf und Pinselstriche sind klar erkennbar |
Keine Alltagssituationen, Motive wie Liebe, Tugend oder Aufopferung und Mythologie | Detaillierte Abbildung von Alltagssituationen, Profanem |
Konservativ, streng und elitär | Kunst für die Bürger, Aufzeigen von gesellschaftlichen und sozialen Konflikten |

William-Adolphe Bouguereau „Morgendämmerung“, 1881

Honoré Daumier „Die Schachspieler“, spätes 19. Jh.
Das „Ende“ der Akademischen Kunst
Mit dem Aufkommen von anderen, experimentelleren Kunstströmungen wie dem Expressionismus verloren Gesellschaft und Museen die Interesse an Akademischer Kunst. Durch die Industrialisierung und das Ablösen von der traditionellen akademischen Malerei wurde die Akademische Kunst irrelevant und als konservativ und veraltet abgetan.
Wegen der traditionellen und idealisierten Weltanschauung der Künstler dieser Zeit wurde die Akademische Kunst zudem im 20. Jahrhundert von den Nationalsozialisten als absoluten Maßstab erhoben und für ihre Zwecke als Propagandainstrument ausgenutzt, anders als moderne Kunst, welche sie als entartet diffamierten und vernichteten.
Die Rückkehr der Akademischen Kunst
Zwar wurde die Akademische Kunst von vielen Modernisten einst als überholt oder zu streng abgelehnt, doch hat ihre technische Strenge und Präzision nie an Wert verloren. Viele Avantgarde-Künstler – von den Impressionisten bis zu den Surrealisten – bauten ihre Innovationen auf dem Fundament akademischer Ausbildung auf. Die Beherrschung von Anatomie, Perspektive und Licht, oft durch die intensive Arbeit mit lebenden Modellen erlernt, ermöglichte es ihnen, Regeln bewusst zu brechen, statt nur zufällig davon abzuweichen.
Heute lässt sich ein neues Interesse an diesen Fähigkeiten beobachten. In einer Welt, in der KI-generierte Kunststile in Sekunden imitiert werden können, gewinnt die Beherrschung von Hand und Auge eine noch größere Bedeutung. Gerade das Arbeiten mit realen Modellen – die Beobachtung von Haltung, Ausdruck und natürlichem Licht – vermittelt eine Tiefe und Authentizität, die keine Maschine nachbilden kann.
Die „Rückkehr“ der Akademischen Kunst ist daher keine bloße Wiederholung der Vergangenheit, sondern die Anerkennung, wie unverzichtbar diese Techniken für künstlerische Freiheit und Ausdruck bleiben. Die Arbeit mit Modellen, gepaart mit den klassischen Grundlagen, bleibt das Tor für alle Künstler*innen, die Werke schaffen möchten, die zugleich zutiefst persönlich und zeitlos gültig sind.
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Quellen
https://de.wikipedia.org/wiki/Akademische_Kunst
https://de.wikipedia.org/wiki/Mimesis
https://www.kunstunterricht.de/kusem/pdf/kap05.pdf
https://www.artandobject.com/articles/what-avant-garde-artists-learned-academic-art
Celina Kari